Bücher Kermeter
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Entomologische Nachrichten und Berichte (Dresden) 41 (1997), 58:

FRANK KÖHLER: Käferfauna in Naturwaldzellen und Wirtschaftswald. 
Schriftenreihe der Landesanstalt für Okologie, Bodenordnung und Forsten/Landesamt für Agrarordnung Nordrhein-Westfalen, Band 6. - 283 Seiten, mit zahlreichen Abbildungen, Tabellen und Farbfotos. 1996, 34,-DM. - Bezugsadresse: Landwirtschaftsverlag, Hülsebrockstr. 2, 48165 Münster. ISBN: 3-89174-018-0 

Naturwaldzellen dienen u. a. der Erforschung ökologischer Zusammenhänge in naturnahen Wäldern. Die vorliegende Arbeit ist eine vergleichende Untersuchung über die Käferfauna in Naturwaldzellen und Wirtschaftswäldern in Nordrhein-Westfalen. Damit wurden Grundlagen für eine Analyse des Istzustandes von Naturwaldzellen und Wirtschaftswaldflächen geschaffen, die als Ausgangsbasis für die unterschiedliche Weiterentwicklung einschlägiger Flächen genutzt werden können. Langfristig besteht so die Möglichkeit, zum einen Erkenntnisse über die natürlichen Entwicklungsabläufe in den Naturwaldzellen zu gewinnen, die wenig beeinflußt sind, zum anderen kann die ökologische Effizienz einer naturnahen Waldbewirtschaftung ermittelt werden. 

Als Untersuchungsgebiete dienten die beiden Naturwaldzellen "Schäferheld" und "Wiegelskammer" sowie die Wirtschaftswaldflächen "Lohrbachskopf" und "Am Steinbach"; alle liegen im nordrhein-westfälischen Waldnaturschutzgebiet "Kermeter" in der Nordeifel. Die vergleichende Bestandserfassung der Käfer erfolgte in den Jahren 1992 und 1993. Es ist die erste in nordrhein-westfälischen Waldflächen mit dem Ziel einer möglichst vollständigen Beschreibung aller Käferlebensgcmeinschaften. 

Um das Ziel zu erreichen, war der Einsatz einer Vielfalt von Fangmethoden erforderlich. Es wurden einmal Bodenfallen, Stammeklektoren, Fcnsterfallen, Flugköderfallen, Bodenköderfallen und Leimringe verwendet, zum anderen erfolgten manuelle Aufsammlungen. Hier dienten Quadratproben, Bodengesiebeproben, Kescherproben, Vegetationsklopfproben, Totholzklopfproben, Totholzgesiebeproben und schließlich auch Handfänge zur Erfassung dcr Käferfaunen. - Nach kurzer Vorstellung der einzelnen Methoden werden deren Fangergebnisse genannt. Ein abschließender Methodenvergleich erlaubt u. a. auch die Vorstellung der methodentypischen Verteilung der Käferarten nach Habitatpräferenzen. 

Insgesamt konnten in dem Untersuchungszeitraum auf den vier Vergleichsflächen 1218 Species festgestellt werden. Auf den Einzelflächen wurden zwischen 695 und 804 Käferarten registriert. Die Werte der Naturwaldzellen lagen im Durchschnitt um 9,4 % höher als in den Wirtschaftswaldflächen. 

Einen großen Spielraum in der Abhandlung nehmen neben den boden- und pflanzenbewohnenden Species vor allem die totholzbewohnenden Käfer ein. In vielen konventionellen Wirtschaftswäldern fehlen die Tot- und Althölzer weitgehend, die typische Elemente der Zerfallsphase der Naturwälder sind. Daher kommt den Naturwaldzellen langfristig eine wichtige Funktion hei der Förderung der Artenvielfalt in Waldökosystemen zu. Folgende Käfergruppen wurden miteinander verglichen: Lignicole Arten (Holzkäfer), corticole Arten (Rindenkäfer), xylodetriticole Arten (Mulmkäfer) und mycetobionte Arten (Holzpilzkäfer). 

Da die zoologische - speziell entomologische - Forschung in den Naturwaldzellen noch in den Anfängen steckt, ist es erforderlich, hier zunächst einmal den ist-zustand für möglichst viele Taxa zu erfassen. Die gediegenen Fangergehnisse für Käfer in der vorliegenden Schrift, ihre umfassende Auswertung und vielschichtige Diskussion stellen in Verbindung mit der angewandten Fangmethodenvielfalt eine solide Basis für weitere einschlägige Untersuchungen an anderen Standorten dar. Darüber hinaus sollte die hier vorgestellte vorbildliche Untersuchung nach einer Reihe von Jahren auch an den gleichen Lokalitäten wiederholt werden. 

Der vorliegende Band 6 der Schriftenreihe der Landesanstalt für Ökologie, Bodenordnung und Forsten/Landesamt für Agrarordnung Nordrhein-Westfalen ist zugleich Teil VI der Naturwaldzellenreihe. 

W. Kolbe 
Anmerkung der Redaktion: 
Herr FRANK KÖHLER wurde am 18. 3. 1997 in Bayreuth für dieses Buch von der DGaaE mit dem Förderpreis der Weiss-Wiehe-Stiftung ausgezeichnet. Leser und Redaktion gratulieren zu dieser Anerkennung! 
 

Entomologische Blätter für Biologie und Systematik der Käfer (Jena) 93 (1997), 90-91:

KÖHLER, F., Käferfauna in Naturwaldzellen und Wirtschaftswald. Vergleichsuntersuchungen im Waldreservat Kermeter in der Nordeifel. - Schriftenreihe der Landesanstalt für Ökologie, Bodenordnung und Forsten / Landesamt für Agrarordnung Nordrhein-Westfalen (Recklinghausen), Band 6, 283 S., 168 Abb., 76 Tab., 69 Fotos. 

Ausgelöst durch das Europäische Naturschutzjahr 1970 wurden in den letzten 25 Jahren in Nordrhein-Westfalen, wie auch in anderen Bundesländern, Naturwaldreservate ausgewiesen, in denen der Wald sich ohne forstwirtschaftliche Eingriffe zu einem Urwald von morgen" entwickeln darf. Frank Köhler, dem versierten rheinländischen Käferkenner, ist es gelungen, innerhalb von nur knapp zwei Jahren eine beeindruckende und umfassende Inventur der Käferfauna in zwei Naturwaldzellen und auf zwei bewirtschafteten Waldflächen durchzuführen. Bei einer Größe von 11 bis 24 Hektar konnten je Vergleichsfläche rund 700 bis 800 Käferarten festgestellt werden. Die Gesamtartenzahl (bei einer Gesamtfläche von nur 65 Hektar) beläuft sich auf 1218 Arten. Der hohe Erfassungsgrad, der vom Autor auf 90 bis 180% des vorhandenen Arteninventars geschätzt wird, wurde dabei durch die Anwendung einer Vielzahl von Untersuchungsmethoden erreicht. 

Nach einem kurzen Einleitungsteil und einer Beschreibung von Untersuchungsgebiet und Vergleichsflächen nimmt der die Erfassungsmethoden beschreibende Abschnitt auch entsprechend breiten Raum ein. Vorangestellt ist hier die kritische Beleuchtung einiger von ALBRECHT (1990) formulierter methodischer Grundsätze" für die Forschung in Naturwaldreservaten, die zur Erfassung der Käferfauna derzeit bundesweit auf einen standardisierten alleinigen Einsatz von Eklektoren und Fallen in der Naturwaldforschung hinauslaufen. Frank Köhler kann hier mit guten Argumenten für eine Kombination aus traditionellen Aufsammlungstechniken und FalIenfangmethoden werben, die zu einer qualitativen, teilweise semiquantitativen Erfassung von nahezu 100% des Arteninventars führt. Als Fallen wurden vom Verfasser entwickelte Bodenrinnenfallen, offene Stammeklektoren, Fensterfallen, Flugköderfallen mit Taubenmist, Bodenköderfallen, Farblufteklektoren und Leimringe verwendet. Bei den manuellen Aufsammlungen wurden altbewährte Methoden wie Gesiebe an Sonder-standorten und -strukturen, Krautschicht- Kescherproben, Scrauchschicht-Klopfproben, Totholz-Klopfproben, Totholzgesiebe, Handfänge und Quadratproben aus der Bodenstreu eingesetzt. Auf einige tabellarische Gegenüberstellungen zu vergleichbaren Untersuchungen folgt dann das umfangreiche systematische Artenverzeichnis. 

Wo viele andere Artikel jetzt mit dem Literaturverzeichnis enden, schließen sich bei dem vorliegenden Werk auf etwa 100 Seiten umfangreiche Auswertungen, statistische Analysen und Flächenvergleiche an, die durch zahlreiche Tabellen und Abbildungen reich illustriert sind. Auf allgemeine Erläuterungen zu Biotop- und Habitatpräferenzen, Ernährungsweise, Körpergrößenverreilung und geographischer Verbreitung folgen drei Kapitel, die detailliert auf bodenbewohnende, pflanzenbewohnende und totholzbewohnende Käfer eingehen. Bei den Auswertungen zur Totholzkäferfauna werden zusätzlich Vergleiche mit den Ergebnissen aus anderen deutschen Naturwaldreservaten angestellt und Unterschiede diskutiert. Im anschließenden Kapitel Faunistik erfolgt ein faunistische Bewertung der Flächen aufgrund der Fundhäufigkeit der nachgewiesenen Arten im Rheinland und in der Eifel sowie eine Vorstellung von 104 faunistisch bemerkenswerten Nachweisen. Der Flächenvergleich führt zu der Aussage, daß sich die unbewirtschafteten Naturwaldzellen qualitativ nur wenig von den Wirtschaftswaldflächen unterscheiden. Auch für die seltenen Arten kommt Frank Köhler zur Schlußfolgerung, daß sich nach fast 25 Jahren in den Naturwaldzelien noch keine Lebens-räume ausgebildet haben, die generell in Wirtschaftswäldern nicht vorhanden sind. 

Die nachfolgende Methodendiskussion ist sehr aufschluß- und umfangreich (über 40 Seiten). Vom Autor werden hierbei die eingesetzten Untersuchungsmethoden einer Effizienzkontrolle unter Berücksichtigung der ökologischen Ansprüche der erfaßten Käferarten" unterzogen. Neben den monatlich erfaßten Arten- und Individuenzahlen werden bei der Analyse der jeweiligen Methode der Verlauf der Artensummenkurven und die Habitatpräferenz der gefangenen Arten (getrennt nach Boden-, Faulstoff-, Totholz- und Vegetationsbewohnern sowie Sonstigen) dargestellt. Beim allgemeinen Methodenvergleich wird deutlich, daß klassische Methoden wie Bodengesiebe, Vegetationskeschern und Handfänge die größten Artenzahlen und auch die meisten Nachweise von Arten, die jeweils nur durch diese Methode erfaßt wurden, erbrachten. Unter den eingesetzten Fallen erwiesen sich insbesondere die Fensterfallen und die Totholz-Leimringe als sehr effizient. Der auf allen Flächen zu verzeichnende Erfassungszuwachs von fast 50% zwischen erstem und zweitem Untersuchungsjahr verdeutlicht, daß auch bei einem hohen methodischen Aufwand nur bei mindestens zweijährigen Erfassungen annäherungsweise das vorhandene Artenspektrum nachzuweisen ist. Ausgehend von seinen Methodenanalvsen schlägt Frank Köhler für die faunistisch-ökologischen Bestandsaufnahmen in Naturwaldreservaten eine Kombination von Fallenfängen und manuellen Aufsammlungen vor, durch die nach seiner Einschätzung 90% Erfassungsvollständigkeit auf Untersuchungsflächen von 10--20 ha erreicht werden kann. 

Mit seiner Arbeit hat der Autor einen überaus wertvollen Beitrag zur Naturwaldforschung in Deutschland geleistet, der vor allem hinsichtlich der Untersuchungsmethoden sehr wichtige Erkenntnisse aus der Sicht des Käferfachmanns aufzeigt. Eine zusätzliche Hilfe für die weitere Methodendiskussion wäre ein Vermerk in den Artenverzeichnissen, mit welcher/n Merhode/n die einzelnen Arten nachgewiesen wurden. Bei den Analysen zur Totholzkäferfauna wären einige weitergehende Aussagen zur Strukturbindung der Arten auf den untersuchten Flächen wünschenswert gewesen. Wesentliche Elemente der Naturwaldzellen, die auf Wirtschafiswaldflächen grundsätzlich kaum oder gar nicht vorliegen, sind liegende oder stehende abgestorbene Starkhölzer sowie Altbäume im strukturreichen Alters-Stadium". Hier hätte unter Umständen bei einer weitergehenden Analyse die besondere Bedeutung dieser naturwaidtypischen" Strukturen für die Holzkäferfauna aufgezeigt werden können. 

Ulrich Bense 


DGaaE-Nachrichten (Dossenheim) 10 (1996), 60-61:

KÖHLER, K. (1996): Käferfauna in Naturwaldzellen und Wirtschaftswald. Vergleichsuntersuchungen im Waldreservat Kermeter in der Nordeifel. - 283 S., 168 Abb., 76 Tab., 69 Fotos, Münster (Landwirtschaftsverlag; Schriftenr. LÖBF, Bd. 6), DM 34,00 (ISBN 3-89174-018-0). (Vertrieb: Landwirtschaftsverlag, Hülsebrockstraße 2, 48165 Münster, Tel 02361/305-0, Fax 02361/305-204). 

Waldnaturschutzgebiete sind derzeit in Deutschland noch Mangelware, obwohl gerade hinsichtlich der Käfer die "Roten Listen" einen überproportional hohen Anteil an stark gefährdeten Wald- und insbesondere Totholzarten aufweisen. Naturwaldzellen oder Naturwaldreservate (die Begriffe sind von Bundesland zu Bundesland verschieden!), die aus der Bewirtschaftung herausgenommen sind, könnten den Bestand dieser stark gefährdeten Arten sichern helfen. Hierzu ist jedoch zuerst eine Bestandserfassung der Fauna unterschiedlich strukturierter Wälder nötig, wobei verläßliche qualitative und in gewissem Umfang auch quantitative Aussagen erst durch Anwendung verschiedenartigster Erfassungsmethoden ermöglicht werden. 

Frank KÖHLER hat mit Voruntersuchungen von 1990 und und speziell in den Jahren 1992/93 im Auftrag der Landesanstalt für Bodenordung und Forsten Nordrhein-Westfalens (LÖBF) eine Bestandserfassung der Käferfauna von zwei Naturwaldzellen im Vergleich zu zwei Wirtschaftswäldern im Bereich des "Kermeter" in der Eifel vorgenommen. Er präsentiert seine wohlaufbereiteten Ergebnisse, die von großer Sachkenntnis geprägt sind, in dem vorliegenden Buch. 

Nach einer Einführung in die Untcrsuchungsgebiete folgt die eingehende Darstellung der Untersuchungsmethoden, wobei hier in geringerem Maße als in ähnlich gelagerten Untersuchungen auf automatische Fallensysteme zurückgegriffen wird. Da gerade die Methodik in ganz wesentlichem Maße das ermittelte Artenspektrum bedingt, ist dieser auch ein umfangreicher Diskussionsteil (rund 50 Seiten) gewidmet. Dessen Aussagen sind wiederum von großer Wichtigkeit für zukünftige Bearbeitungen des Fauneninventars von Waldgebieten, wobei gerade auch den gezielten Handaufsammlungen große Bedeutung zukommt. 

Insgesamt wurden im Untcrsuchungszeitraum rund 116.500 Käfer, die > 1.300 Arten repräsentieren, gefangen und ausgewertet. In den Einzeiflächen waren zwischen 700 und 800 Arten präsent, wobei die Naturwaldzellen etwa 10% mehr Arten als die Wirtschaftswälder aufwiesen. Dabei gilt ein erheblicher Teil der Diskussion der Ökologie und Biogeographic einschließlich der Beschreibung von Artengemeinschaften (Synökologie). 

In der Bewertung heben sich die Naturwaldzellen in ihrer Ausstattung mit totholzbewohnenden Käferarten deutlich von den Wirtschaftswäldern ab, was den Wert dieser Naturwaldzellen für den Schutz und die Förderung dieser Käfergruppe zeigt. Für die Beurteilung der Wälder kommt den Muimbewohnern von Laubhölzern eine besondere Bedeutung zu. Die intensive Bearbeitung erbrachte einen Anteil von etwa 40% seltener oder sehr seltener Arten und nahezu 100 Neu- und Wiederfunde für die bereits recht gut erforschte Käferfauna der Eifel. Wichtige Arten werden eingehend diskutiert und etliche davon abgebildet. 

Auf die äußerst beachtenswerten Aussagen zu Methodenkombinationen sei hingewiesen, mit denen ein Höchstmaß an an faunistischer Vielfalt erfaßt werden kann, ohne zu aufwendige bzw. kostspielige Verfahren einsetzen zu müssen. Besonders die Handaufsammlungen ermöglichen die Erfassung der Fauna einer Vielfalt unterschiedlicher Klein- und Kleinststrukturen. Auch die Kescher- und Klopfschirmfänge werden als einfache und doch sehr effektive Möglichkeit zur Erfassung planticoler Arten dargestellt. Auch ohne die Fänge mittels Stammeklektoren wären nach den Untersuchungen KÖHLERs etwa 97% aller pflanzenbewohnender Käfer gefangen worden. 

Mit diesem Band zu "Käferfauna in Naturwaldzellen und Wirtschaftswald" setzt KÖHLER einen Maßstab für weitere, ähnliche Bearbeitungen, die in anderen Waldökosystemen bzw. anderen Bundesländern derzeit oder in Zukunft durchgeführt werden. Der LÖBF sei für die Veröffentlichung dieses wichtigen, sehr gut ausgestatteten Bandes, gratuliert und dem Buch eine weite Verbreitung besonders bei den Forstverwaltungen bis hin zu den Revierförstereien sowie im Bereich des Naturschutzes gewünscht. Daneben ist der Band aber auch für alle Koleopterologen, faunistisch und ökologisch arbeitenden Entomologen eine Fundgrube an methodischen und faunistischen Angaben. 

H.B. 
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