Bücher Ackerunkräuter
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Fritz-Köhler, W. (1996): Blatt- und Rüsselkäfer an Ackerunkräutern. Ökologie und Biogeographie in Mitteleuropa und Untersuchungen an ungespritzten Ackerrandstreifen. - Agrarökologie (Bern) 19, 1.-138.

Zusammenfassung

Nach Ausführungen zur Geschichte des Ackerbaus und der Segetalvegetation sowie zu Ursachen für Veränderungen der Segetalvegetation in jüngerer Zeit, wird auf die Käferfauna der Segetalflora eingegangen. In einer Tabelle wird das Beziehungsgefüge zwischen mitteleuropäischen Chrysomeliden, Curculioniden und Ackerwildkräutern dargestellt. Insgesamt leben an 237 Ackerwildkrautarten 347 Käferarten. Der größte Teil der monophagen Käferarten ist, wie ihre Wirtspflanzen, vor allem aus mediterranen und südöstlichen Gebieten eingewandert (68%), während der größere Teil der oligophagen und polyphagen Blatt- und Rüsselkäfer in Mitteleuropa heimisch ist (56%). 

Da das Artenspektrum in Mitteleuropa nach Norden hin zunehmend verarmt, wird gefolgert, daß der weitaus größte Teil der aus benachbarten biogeographischen Regionen einstrahlenden Blatt- und Rüsselkäfer der Segetalflora den thermophilen Faunenelementen zugerechnet werden muß. Im Rheinland kommen (bzw. kamen) noch rund 80% dieser Phytophagen vor. Analog zu den Ackerwildkräutern, sind auch die an ihnen lebenden Käferarten durch die zunehmende Intensivierung der Landwirtschaft, insbesondere durch den Verlust ihrer Wirtspflanzen, stark gefährdet bzw. zum Teil verschollen. Dabei sind die Käfer, vor allem die monophagen Arten, in ihrem Bestand wesentlich stärker betroffen als die Segetalpflanzen. Von 222 Ackerwildkräutern sind 84 gefährdet oder verschollen, von 249 oligophag oder polyphag lebenden Käferarten sind 123 gefährdet oder verschollen, und von 31 monophagen Arten sind 26 gefährdet oder verschollen. Die Voraussetzung für die Ausbreitung oder Wiedereinbürgerung phytophager - insbesondere monophager - Arten, ist eine großräumige Verbreitung der Wirtspflanzen. Die Verinselung von Ackerstandorten verhindert die Wanderung monophager Arten. An drei Beispielen wird die Ausbreitungsfähigkeit und -geschwindigkeit verdeutlicht. 

Am Beispiel der Blatt- und Rüsselkäfer wurden die Auswirkungen des nordrhein-westfälischen Ackerrandstreifenprogramms im Raum Euskirchen untersucht. Von April bis Oktober 1988 wurde auf Vergleichsflächen eine Bestandserfassung mit manuellen Aufsammlungen durchgeführt. Insgesamt konnten 153 Blatt- und Rüsselkäferarten in 3.222 Exemplaren nachgewiesen werden, davon 42 Spezies nur auf Ackerrandstreifen, 46 nur auf Ackerrainen und 65 Arten in beiden Biotoptypen. Die vorgefundene Chrysomeliden- und Curculionidenfauna läßt sich als artenreich charakterisieren. Sie besteht jedoch vorwiegend aus euryöken, weit verbreiteten und relativ nahrungsunspezifischen Elementen. 

Die Arten- und Individuenzahl phytophager Coleopteren korreliert stark mit der Teilnahmedauer einer Fläche am Randstreifenprogramm, der Anzahl der potentiellen Wirtspflanzen/Fläche, dem Deckungsgrad der Wirtspflanzen, der Zahl der Fundorte potentieller Wirtspflanzen im Untersuchungsgebiet und der Anzahl und Ausprägung der eine Ackerfläche umgebenden Strukturen und Biotope. 

Für die vorgefundenen Arten konnte eine Synchronisation zwischen individuellem Entwicklungszyklus und den jeweiligen Bearbeitungsmodi der Äcker festgestellt werden. Das Fehlen einiger Arten muß jedoch auf Eingriffe in ihren Zyklus zurückgeführt werden. Durch die Anwendung von Herbiziden auf Äckern wird die abhängige phytophage Käferfauna in erheblich stärkerem Maße getroffen als die Segetalvegetation. In einem faunistischen Teil werden für das Rheinland bemerkenswerte Käferfunde vorgestellt. Besonders hervorzuheben sind die Nachweise von Phyllotreta consobrina, Ochrosis ventralis und Ceratapion armatum.

Abschließend werden aus entomologisch-faunistischer Sicht Empfehlungen zur Fortführung und Optimierung des Ackerrandstreifenprogramms ausgesprochen.

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